Konzeption

Money Laundering

Geld sichert Herrschaft. Geld ist anonym und abstrakt. Historisch gesehen hat diese Verknüpfung von Macht und Quantifizierbarkeit die Welt verändert. Geld kann unendlich akkumuliert werden, im Gegensatz zu Waren oder Arbeitsleistungen. Geld hat damit den Boden für Ungerechtigkeit in einem neuen Ausmaß bereitet und sichert sie bis heute.

Der Anthropologe David Graeber macht darauf aufmerksam, dass Geld verharmlost wird. Er zeigt auf, dass das geläufige Narrativ der Entstehung des Geldes als Vereinfachung des Tauschhandels viel zu kurz greift. Er weist nach, dass die Erfindung von Geld im Kern auf Finanzierung von Kriegen zurückzuführen ist.

In globalen Kapitalströmen trägt Geld symbolisch jede vorherige Transaktion in sich. Es trägt Spuren von Kriegen, Waffenexporten und Sklaverei. Alle, die Geld benutzen, sind verstrickt – auch diejenigen, die nur indirekt von globalen Geschäften profitieren, in Form von Kunstförderungen und Gehältern. Niemand kann sich außerhalb der weltweiten Zusammenhänge verorten, auch wenn durch den Komfort eines Lebens in einem reichen Land diese Zusammenhänge verschleiert werden.

Kunst ist eine Geldwaschmaschine: Das Geld mit einer langen Transaktionsgeschichte wird ins System Kunst eingespeist und kommt dann eventuell sauberer raus. Sogar in einer vergleichsweise gut funktionierenden Demokratie koexistieren Waffenexporte in Bürgerkriegsgebiete und Kunst – wobei Letzteres für die Grundhygiene sorgt.

In der künstlerischen Aktion des Geldwaschens legen die Künstler*innen ihre eigene Verstricktheit in die globalen Kapitalströme offen, thematisieren die eigene Teilnahme an der Aufrechterhaltung der globalen Ungerechtigkeit. Das Projekt ist ein symbolischer Akt, zu 98% verzweifelt und zu 2% witzig. Durch das Waschen wird versucht, dem Geld seine Anonymität zu entziehen und die Patina des Vergessens zu entfernen.

Je nach Anlass werden immer neue Formen und Formate gesucht. Die erste Realisierung dieser Idee fand 2019 als Ensemble-Stück in der Berliner Szene des zeitgenössischen Musiktheaters statt. Das Ensemble MaNN AUS OBST#5, damals bestehend aus Anton Vasilyev, Edith Steyer, Laia RiCa, Maja von Kriegstein und Wieland Möller erarbeitete einen Abend, in dem Elemente von Klanginstallation, Improvisierter Musik und postdramatischem Theater zu einer klagend-komisch-absurden Waschfabrik zusammengebaut wurden. Dabei trafen in den Personen der Beteiligten DDR-Geschichte, Revolution in El Salvador und Mittelbaustelle an einer deutschen Universität, Improvisierte Musik als oft eine unterfinanzierte und Neue Musik als die meist öffentlich geförderte Sparte der modernen Kunst aufeinander. Die geteilte Sehnsucht nach einer Alternative zu Individualismus und Turbokapitalismus bei gleichzeitiger großer Diversität der politischen Hintergründe, der musikalischen Sprachen und der Arbeitsweisen wurde zu einer produktiven Herausforderung.

Jetzt greifen Maja vK und Anton X als Team Detox die Idee wieder auf und machen daraus ein Langzeitprojekt. Money Laundering ist als andauernde Veranstaltungsreihe angelegt, deren Teile an verschiedenen Orten stattfinden können. Je nach Anlass und Auftraggeber*in variiert die Form dieser Aktionen: Performance, Klanginstallation, Konzeptkunst, Konzert, Flashmob.

Der Text ist in Positionen. Texte zur aktuellen Musik im Februar 2023 erschienen.